宗婉 Zong Wan (spätes 19. Jhd.)

   
   
   
   
   

高阳台忆兰

Gao Yang Tai: Erinnerung an Orchideen

   
   
声咽瑶琴, Die Jadezither schluchzt
梦回远水, Ich kehre aus einem Traum von fernen Gewässern zurück
空教立尽斜阳。 Sinnlos bleibe ich stehen, bis die Sonne untergegangen ist
渺渺馀怀, Grenzenlos und weiter geht meine Sehnsucht
所思雾袂风裳。 In meinen Gedanken sind wolkenverhangene Ärmel und Röcke im Wind
心情欲托春风诉, Ich möchte meine Laune dem Frühlingswind anvertrauen
怕春风不到潇湘。 Doch fürchte ich, der Frühlingswind kommt nicht bis zu den Flüssen Xiao und Xiang
悄无言, Betrübt und wortlos
一度沉吟, Grüble ich eine Weile
一度思量。 Überlege ich eine Weile
闲窗读遍离骚句, Am leeren Fenster lese ich das ganze Gedicht Li Sao zu Ende
向香边模拟, Drehe mich zum Weihrauchständer, um es daneben zu kopieren
画里猜详。 Und zum Gemälde, in dem ich mutmaßen muss
一往情深, Tief bewegt
美人宛在中央。 Scheint die Schöne in der Mitte zu sein
碧云飞去秋无迹, Die Wolken im blauen Himmel sind verflogen, da ist keine Spur von Herbst
又依稀月淡烟凉。 Und wieder ist da der verschwommene Mond und die leicht dunstige Kälte
尽销魂, Einfach überwältigend
幽抱谁通, Wem kann ich von meinen heimlichen Gefühlen erzählen
幽怨谁偿。 Wer sühnt meinen heimlichen Groll